Presseschau

Frankfurter Allgemeine Zeitung

13. Mai 2009


Die U-Bahn bleibt eine U-Bahn

Die lange Diskussion über den barrierefreien Umbau der U-Bahn-Stationen an der Eckenheimer Landstraße ist beendet. Verkehrsdezernent Lutz Sikorski (Die Grünen) hat gestern ein Konzept für die Haltestelle an der Musterschule vorgestellt. Seit anderthalb Jahren wird um eine Lösung für die U-Bahn-Linie 5 gerungen. Die Stationen an der Stadtbahnstrecke zwischen Preungesheim und dem Hauptbahnhof sollen barrierefrei gemacht werden, damit Rollstuhlfahrer künftig ebenerdig in die Züge rollen können. Probleme bereiten bei dieser Umgestaltung die Haltestellen "Musterschule" und "Glauburgstraße", wo es im Gegensatz zu den Stationen weiter nördlich keinen Bahnsteig in der Mitte der Straße gibt. Der erste Vorschlag, ein Hochbahnsteig mitten auf der dort sehr engen Eckenheimer Landstraße, stieß auf massive Kritik. Zu gefährlich, hieß es, wegen der vielen Schüler, die an der Musterschule ein- und aussteigen. Zudem trenne ein solcher Mittelbahnsteig den Stadtteil, warnten die Kritiker unter Hinweis auf die Eschersheimer Landstraße. Deshalb favorisierte die Römer-Koalition von CDU und Grünen lange eine Straßenbahnlösung - aber auch die wäre nicht unproblematisch. Denn mit einer Niederflur-Straßenbahn wäre zwar das Barriereproblem ohne Umbauten der Haltestellen gelöst, doch die Straßenbahnlinie müsste an der Konstablerwache an einem speziell für den Straßenbahnverkehr umgebauten Bahnsteig enden - und viele Fahrgäste wären dort dann zum Umsteigen gezwungen. Den zu geringen Kapazitäten der Straßenbahn wäre zwar mit einer sogenannten optimierten Niederflur-Lösung mit einer zweiten Straßenbahn bis zur Konstablerwache beizukommen, doch auch dabei wäre zusätzliches Umsteigen nicht zu vermeiden. Ein Alarmsignal ist für Verkehrsdezernent Lutz Sikorski (Die Grünen), der im Prinzip ein Anhänger der Niederflur-Straßenbahnen ist, das Ergebnis einer Passagierbefragung gewesen. Bis zu 2000 Nutzer der U5 kündigten darin an, sie würden dem öffentlichen Nahverkehr den Rücken kehren und auf das Auto umsteigen, sollten sie an der Konstablerwache zum Umsteigen gezwungen werden. "Das war für mich nicht denkbar", begründete Sikorski gestern seine Rückkehr zu einer Stadtbahn-Lösung - einer Lösung, die er demnächst dem Ortsbeirat und dann der Stadtverordnetenversammlung vorstellen will. Das von der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) und dem Hannoveraner Planungsbüro Trans Tec Bau erarbeitete Konzept sieht vor, dass sich an der Musterschule und an der Glauburgstraße die Haltestellen auf den beiden Straßenseiten nicht mehr gegenüberliegen: Die Haltestelle auf der Seite der Musterschule wird nach Süden stadteinwärts verschoben, jene auf der anderen Seite in Richtung Norden. Dort, wo die eine anfängt und die andere endet, in diesem Fall auf der Höhe der Musterschule, können Fußgänger die Eckenheimer Landstraße überqueren. Dazu gibt es Ampelübergänge nördlich und südlich der beiden Bahnsteige. Die Bahnsteige selbst sind nicht mehr 100 Meter lang, wie ursprünglich für die Mittelbahnsteige geplant, sondern jeweils nur 70 Meter. Barrierefrei ist bei beiden Plattformen nur der mittlere Teil, von dort aus können Rollstühle ebenerdig in den mittleren der jeweils drei Stadtbahn-Wagen fahren; beim ersten und dritten Waggon müssen die ein- und aussteigenden Passagiere eine Stufe von 60 Zentimetern überwinden. In dem Trans-Tec-Bau-Konzept sind die Bahnsteige an beiden Enden als Rampen angelegt, auf denen Behinderte auf den erhöhten mittleren Teil gelangen können. Fußgänger können an beiden Straßenseiten kurz vor dem erhöhten Mittelteil vom Fußgängerweg aus den Bahnsteig erreichen, hinter den Bahnsteigen verläuft auf beiden Seiten ein durchgehender Radweg. Diese Lösung zöge allerdings nach sich, dass der Mittelweg und die Rappstraße zu Sackgassen-Straßen umgewandelt werden müssten. Alle Häuser dort blieben aber mit dem Auto erreichbar, sagte Sikorski. Von einer Absenkung der Fahrbahn, wie sie von der Initiative "Rettet die U5" vorgeschlagen worden war, sind die Planer inzwischen abgekommen; diese Lösung erschien ihnen zu gefährlich. Der Verkehrsdezernent dankte der Initiative gestern dennoch ausdrücklich: Sie habe der Politik den Anstoß dafür gegeben, alles noch einmal zu überdenken und eine neue Perspektive zu entwickeln. Nach Sikorskis Worten schließt das jetzt vorgestellte Konzept einen barrierefreien Umbau aller U5-Stationen mit ein sowie die Verlängerung der Strecke bis zum Frankfurter Berg. In drei bis vier Jahren soll das Vorhaben realisiert sein. rieb.

Schlachtung der heiligen Kuh

Von Hans Riebsamen

Eine Straßenbahn ist eine Straßenbahn. Und nichts anderes. Sie ist vor allem kein Allheilmittel. Manchmal stellt sie sich als die verkehrstechnisch beste Lösung heraus, manchmal als die schlechtere. Wer die Frage "Straßenbahnen oder U-Bahn?" zu einer Weltanschauungsfrage hochstilisiert, ist ein Ideologe. In der Kommunalpolitik kommen solche Leute nicht weit, gefragt sind Pragmatiker. Zum Beispiel Leute wie die Stadtpatrioten von der Initiative "Rettet die U5". Sie haben sich einfach hingesetzt, gegrübelt und ein originelles Konzept präsentiert. Es lautet: Absenken der Eckenheimer Landstraße und Anheben der Bordsteine ergibt einen barrierefreien Zugang zur Bahn. Der Vorschlag hat die Politik in Zugzwang gebracht, auf einmal wälzten die Verkehrspolitiker aller Parteien wieder neue Gedanken. Herausgekommen ist ein Vorschlag, der weitaus besser ist als die unausgegorene Straßenbahn-Lösung, welche die Regierungskoalition ursprünglich ins Auge gefasst hatte. Die U5 abzuschneiden und nicht mehr bis zum Hauptbahnhof, sondern nur noch bis zur Konstablerwache fahren zu lassen war nun wirklich keine glorreiche Idee. "Nein, danke", sagten denn auch viele Nutzer, die aus dem Norden kommen und keine Lust haben, an der Konstablerwache umzusteigen. Bis zu 2000 dieser Kunden kündigten laut Verkehrsdezernent Lutz Sikorski (Die Grünen) an, den öffentlichen Verkehrsmitteln adieu zu sagen, sollte die U5 tatsächlich um die Strecke von der Konstabler zum Bahnhof amputiert werden. Der Straßenbahn-Fan Sikorski hat spätestens an diesem Punkt gemerkt, dass nun Schluss mit lustig ist - und sich als Pragmatiker erwiesen. Ob seine grünen Parteifreunde im Nordend jetzt auch anerkennen, dass eine Straßenbahn nur eine Straßenbahn ist und keine heilige Kuh?

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